DER WEG ZUR KINDERTAGESSTÄTTE „SIMUNYE“ BEGANN, …
… als Simone Becker, Mutter von zwei kleinen Kindern, mit ihrem Mann beruflich für die DaimlerChrysler AG für mehrere Jahre nach Südafrika entsandt wurde. Sie fanden ein schönes Haus in Gonubie, East London. Die Kinder konnten nach kurzer Zeit einen südafrikanischen Kindergarten besuchen. Nahe Gonubie, einem Dorf mit 3.000 Einwohnern, befand sich die Wellblechhütten-Siedlung „Mzamo’Mhle“.
Um die sozialen Verhältnisse in Südafrika kennenzulernen, besuchte Simone mit einer Gruppe engagierter Damen die Wellblechhütten-Siedlung. Die Armut und Verwahrlosung der Kinder, welche auf den Straßen aufwuchsen, ließen sie nach ihrem Besuch nicht mehr los. Sie fasste den Entschluss, alles dafür zu tun, diesen Kindern einen besseren Start in ihre Zukunft zu ermöglichen – das Projekt „Simunye“ ist entstanden.
Den Namen trägt die Kindertagesstätte nicht nur als Anerkennung an die großartigen Helfer, welche dieses Projekt ermöglichten und auch heute noch unterstützen, sondern auch als Zeichen der Gleichberechtigung und Zugehörigkeit aller:
Der Name „SIMUNYE“, der aus der Sprache der Xhosa stammt, bedeutet übersetzt „WIR SIND EINS“.
Seit seiner Eröffnung im Jahr 2001 sorgt das Simunye Day Care Centre jährlich für 60 Xhosa-Kinder zwischen zwei bis fünf Jahren. Vorrang hat hierbei, dass die Kinder ihren Tag in der Kindertagesstätte stets in freundlicher Umgebung verbringen. Sie bekommen ein Frühstück, ein warmes Mittagessen und ein Sandwich am Nachmittag. Zur täglichen Routine gehören geeignete Aktivitäten, die für die Kinder im Hinblick auf eine Vorschulerziehung wichtig sind.
Simone Becker erinnert sich:
„…gerne wollte ich verstehen, warum noch immer, viele Jahre nach dem Ende der Apartheitspolitik, ein so augenscheinlicher Unterschied zwischen Schwarzen und Weißen bestand. Schwester Prudence, die Leiterin einer kleinen Klinik in der Wellblechhütten-Siedlung „Mzamo`Mhle“ nahe unserem Wohnort, war eine Xhosa-Dame mittleren Alters und ein ungemein freundlicher, zuhörender und liebevoller Mensch, gradlinig und zupackend. Von ihr lernte ich, Hilfe zu leisten, wo sie nötig war: Essen, Kleidung, Betreuung von kranken Menschen, ….
Vieles davon überforderte mich, doch ein Thema lies mich nicht los: die Armut und Verwahrlosung der Kinder in der Wellblechhütten-Siedlung. Es übernahmen bereits Kinder der arbeitenden Eltern die Betreuung von Kleinkindern, das Risiko von Unfällen war hoch und die Straße wurde von den Stärkeren dominiert.
So schickte mich Schwester Prudence zu dem bereits bestehenden Kindergarten von Yandiswa. Meine Freundin Ellen Platz und ich brachten neben Essen, Stiften und Papier, Puzzle und Bälle zu Yandiswa, die in ihrer Wellblechhütte ungefähr 10 Kinder betreute. Den Kindern machten die neuen Dinge viel Spaß.
Leider stand Yandiswas Hütte nach jedem Regenguss unter Wasser. Es war schnell klar, die Wellblechhütte musste erneuert werden. Mit Hilfe von Spenden unserer Freunde und Eltern sowie ausrangierten, wasserbeständigen Holzteilen konnten Männer aus der Wellblechhüttensiedlung bezahlt werden, die eine völlig neue Hütte bauten. Sogar weitere Kinder konnte Yandiswa aufnehmen.
Mit dem erfolgreichen Ausbau von Yandiswa’s Hütte begann ich über ein größeres Haus zur Kinderbetreuung nachzudenken. Während unserer Zeit in Südafrika hatten sich unter den deutschen Familien in Südafrika enge Freundschaften entwickelt. In diesem Freundeskreis erzählte ich von meinem Plan, eine größere Kindertagesstätte in der Wellblechhütten-Siedlung „Mzamo’Mhle“ zu bauen. Unser Freund Gerhard Knobloch war sofort begeistert. Als Mitglied einer gemeinnützigen Organisation mehrerer Daimler Mitarbeiter unter dem Namen „Sandsturm Kairo“ ergriff er die Initiative und unterstützte mich dabei, einen Bitt-Brief an den Vorstand des Vereines zu schreiben.
Auch unser Freund Joe Rückert war von der Idee angetan, die Kinder in der Wellblechhütten-Siedlung zu unterstützen. Dank seiner Freundschaft zu Maria Harder, die im Vorstand von „Sandsturm Kairos“ tätig war, konnte er bei einem Golfturnier Königin Silvia von Schweden auf unser kleines Projekt aufmerksam machen. Die Stiftung „World Childhood Foundation“ von Königin Silvia von Schweden, die sich für bessere Lebensbedingungen von Kindern weltweit einsetzt, zeigte Interesse.
Innerhalb weniger Wochen zog die Begeisterung für das Projekt, eine Kindertagesstätte in einer Wellblechhütten-Siedlung aufzubauen, immer weitere Unterstützer in seinen Bann. Der Bürgermeister von East London, Major Sindisile Maclean wurde kontaktiert, um ein geeignetes Grundstück neben der Klinik in der Wellblechhütten-Siedlung für die Kindertagesstätte zu reservieren. Joe Rückert und ich hatten die Gelegenheit, vor einigen Delegierten der World Childhood Foundation vor Ort in der Wellblechhütten-Siedlung unsere Planungen und das zukünftige Team der Kindertagesstätte vorzustellen. Die Begeisterung war ansteckend: Die World Childhood Foundation spendete 25.000 $ für das Projekt.
Dank dieser großzügigen Spende konnten wir das heutige feste „Simunye“-Gebäude (9 m x 15 m) errichten. Es umfasst zwei große Aufenthaltsräume für die Kinder, eine Küche, Toiletten und ein großes Außengelände. Den Kauf des Grundstücks direkt neben der Klinik in der Wellblechhütten-Siedlung konnten wir ebenfalls von diesen Geldern finanzieren. Haus und Grundstück übertrugen wir notariell der katholischen Kirche von Gonubie, um die langfristige Nutzung des Gebäudes als Kindertagesstätte zu sichern. Zusätzlich wurde ein Komitee aus südafrikanischen und deutschen Mitgliedern gegründet, um die nachhaltige Betreuung des Projekts sicherzustellen.
Leider war dies der letzte Schritt, bei dem ich die Kinder in der Wellblechhütten-Siedlung direkt vor Ort unterstützen konnte, da ich mit meiner Familie nach Deutschland zurückkehren musste.
Seit dem Bestehen sorgt die Kindertagesstätte nun für jährlich 60 Kinder zwischen 2 und 5 Jahren. Die Kinder verbringen ihren Tag von 8 bis 17 Uhr in der Tagesstätte in freundlicher Umgebung. Sie bekommen ein Frühstück, ein warmes Mittagessen und ein Sandwich am Nachmittag. Die tägliche Routine umfasst Vorschulerziehung, Englischunterricht und geeignete Aktivitäten für die Kinder. Sogar Gemüse wird eigenständig angebaut. Mit Hilfe von Freunden und Familien, welche Simunye bereits in Südafrika kennengelernt haben, habe ich den „Förderverein der Kindertagesstätte Simunye in Südafrika e.V.“ ins Leben gerufen. Dieser wurde im Jahr 2007 beim Amtsgericht Böblingen als gemeinnütziger Verein anerkannt und eingetragen. Bis heute unterstützt der Förderverein die Kindertagesstätte von Deutschland aus finanziell. Zur Leitung der Kindertagesstätte „Simunye“ und zu all den Helferinnen und Helfern halten wir engen Kontakt und danken von Herzen, dass sie dieses Projekt vor Ort so loyal und engagiert weiterführen.
Ich danke allen, die seit dem Jahr 2001 bis heute meine Begeisterung teilen und die Kindertagesstätte „Simunye“ unterstützen. Dank des Engagements vieler wunderbarer Menschen können die Mitarbeiter der Kindertagesstätte „Simunye“ seit über 20 Jahren vielen Kindern in der Wellblechhütten-Siedlung ein Zuhause geben.


